Gedichte

 

Verzettelt

 

Vergiss nicht deinen Hochzeitstag.

Schreib ihn auf einen Zettel.

Wo vorhin noch dein Schlüssel lag,

schreib es auf einen Zettel.

 

Und ist kein Mehl mehr da zum Backen,

schreib es auf einen Zettel.

Musst du dann noch ein Päckchen packen,

schreib es auf einen Zettel

 

Vergisst du deine Handy Nummer,

schreib sie auf einen Zettel.

Macht ein Termin dir auch noch Kummer,

schreib ihn auf einen Zettel.

 

Ist ein Friseurtermin geplant ,

schreib ihn auf einen Zettel.

Wenn das Finanzamt dich ermahnt,

schreib es auf einen Zettel.

 

Und wenn du dich verzettelt hast,

suchst nun die ganzen Zettel,

dann weißt du, dass die Sache passt.

Du brauchst nur einen Zettel.

 

Auf dem steht dann geschrieben,

wo du die Zettel hinterlegst.

-Ja, diesen Zettel wirst du lieben!-

 

 

Poeten

 

Willst du singen mit Poeten,

sind auch Reime sehr von Noeten.

Jede Muse wird dir floeten:

So verdienst du keine Kroeten.

Willst du nicht vor Scham erroeten,

lass das Quietschen auf den Troeten.

Ein Gedicht lässt sich nicht loeten.

 

 

Plätze für neue Schätze

 

Schon manch' Gedicht hab ich gefischt

im Meer der toten Dichter

Nicht immer hat es mich erfrischt,

fand die von frischen lichter

 

Weil Kult ist ein Gedicht-Gericht,

wird Lob dir vorgeschrieben.

Es fällt der Name ins Gewicht.

Man treibt Dich, es zu lieben.

 

Man riecht an alten Fischen nicht

und zieht auch keine Gräten.

Den Wurf zurück wagt man hier nicht.

Missachtet man die Späten?

 

Da fehlt es an Bewunderung.

Es schlummern viele Schätze,

die les' ich mit Begeisterung.

Für sie gibt ’s keine Plätze.

 

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Es gibt jedoch auch Fische

die sich gehalten haben,

verlieren nie an Frische.

Sie werden stets mich laben.

 

Gedichtverzicht

 

Heute Nacht rief ein Gedicht:

„Hör mal zu, und machte Licht,

das hast du noch nicht gehört!“

Ach ich fühlte mich gestört.

 

Nein das int'ressiert mich nicht.

Sei bitte still und lösch' das Licht.

Komm, ich sage es dir vor,

so dröhnte es an meinem Ohr.

 

Das hat gewiss bis morgen Zeit.

Ich bin nun müde, tut mir leid.

Beleidigt zog es eine Schnut.

Ist ja gut, ist ja schon gut.

 

Dann geh ich halt zur Konkurrenz,

die freut sich über meinen Lenz.

Aber ärgere dich nicht

über den Gedichtverzicht.

 

Nun bin ich still und lösch' das Licht.

Dann eben nicht!

 

 

 

Das Dichtermännchen

 

Nun hat mich schon wieder in der Nacht

das kleine Männchen wach gemacht.

Es sitzt ganz nah an meinem Ohr

und flüstert ständig mir was vor.

 

Nur Verse, Reime, Dichtung

stets wechseln Sinn und Richtung,

und leider gibt es keinen Grund,

dass es mal hielte seinen Mund.

 

Es nervt mich unaufhaltsam.

Das ist schon fast gewaltsam.

Ich möchte gar nichts wissen,

wühl' mich in meine Kissen.

 

Es tippt mir auf die Stirn,

soll öffnen ihm mein Hirn.

Und dieser freche Dichter

benutzt mein Ohr als Trichter.

 

Ach, Stunde nun um Stunde

machten Reime ihre Runde.

Dann gab die Müdigkeit mir Ruh'.

Ich machte Ohr'n und Augen zu.

 

Als heute morgen ich erwachte

und die Gedichte überdachte,

die mir das Männchen hat verklickert,

da waren sie ganz tief versickert.

 

Es sind verkleidet wohl als Milben,

all diese vielen schönen Silben.

In der Matratze nun verborgen

da machen sie mir große Sorgen.

 

Ob auch in der nächsten Nacht

das Männchen wieder Terror macht?

Wird es mit diesen vielen wilden

Silben wieder Werke bilden?

 

Es ist das Schlimmste an der Sache,

dass ich mir nun Gedanken mache,

weil kein Gedicht entstehen kann,

da ich mir gar nichts merken kann.

 

Dankeschön für das schöne Bild dazu

gemalt von:  © Heike Diehl